23. & 24. August 2005
Bilbao:

Die Stadt ist ehrlich beeindruckend. Fast hat man den Eindruck, hier pumpt eine ganze Region Geld und kreatives Potenzial in eine Stadt, um sie zu einem wahren Aushängeschild der Kultur zu machen. Nicht nur das bekannte Guggenheim-Museum, sondern haufenweise Museen, Veranstaltungs- und Musikgebäude sowie besondere Angebote und Veranstaltungen offenbar das ganze Jahr durch zeugen von der Bedeutung der Stadt als baskisches Kulturzentrum. Wir erlebten verblüfft abendliche Musikveranstaltungen im Freien, sowohl für die „älteren Semester“, als auch Rap. Das Hafenviertel wird zu einem großen Veranstaltungsgelände und Licht- und Wasserinstallationen reihen sich förmlich aneinander. Im Grunde ist Bilbao eine Kleinstadt und so ballt sich diese unglaubliche Menge umso mehr im Zentralbereich südlich des Flusses, in etwa um das Museum herum:

Das Guggenheim
liegt eigentlich wie ein Fremdkörper in der Stadt, aber sobald das Auge sich daran gewöhnt hat, wird es sehr schnell als Bestandteil empfunden. Die Stadt ist ohnehin sehr unterschiedlich und gerade um das Museum herum bietet sie kein geschlossenes Bild, das etwa gestört würde. So wird das Museum zu einem neuen Zentrum - und auch als solches angenommen, was dem Konzept bereits Recht gibt.
Es ist von außen, innen und in seiner Präsentation nicht mehr und nicht weniger als ein Kunst-Tempel im besten Sinne und die Auflösung klassischer Museums-Konzeption war erklärtes Ziel des Architekten Frank Gehry. Die dauernde Ausstellung der riesigen Metallarbeiten von Serra, die insbesondere für den über 3000 Quadratmeter großen Raum geschaffen wurden, spricht für sich. Werk und Gebäude verschmelzen zu einer Einheit - mal abgesehen davon, dass man zum Beispiel die Gruppe mit „Snake“ nicht in einem mir bekannten anderen Museum sinnvoll zeigen könnte und auch andere Arbeiten für diesen großen Raum mir nicht einfallen würden. Das Gebäude selbst steht in der Tradition etwa von Scharouns Berliner Arbeiten und hätte zwanglos auch am Potsdamer Platz gebaut werden können, wenn wir dort bloß mehr Sonne hätten. Ohne Licht funktioniert es nicht. (alles weitere von den Bildern.)

So hatten wir also etwas mehr Zeit als geplant in Bilbao, die wir im charmanten Hotel „Estadio“ wohnten - auch so eine Zeitreise mit brokatigem Treppenbereich und 24-stündiger Musikberieselung auch im Zimmer, dort allerdings regelbar, wie wir dankbar herausfanden. Den Hotelbesitzern gönnt man fast den unerwarteten Einnahmeschub durch Kultur, Camino und die Lage am Busbahnhof, zumal der Herr des Hauses unser Geld und unsere Gebete dringend für die nächste Kehlkopf-OP brauchen dürfte. Und obwohl sie kein Wort Englisch sprachen, waren sie doch irgendwie spröde freundlich, z.B. indem sie (die Dame des Hauses) von sich aus uns den Platz im Flur für die Fahrräder zuwies und die Entsorgung der Kartons im Müll gestattete.
So packten wir am 24. August 2005 abends die Räder aus und bauten sie zusammen. Danach wollten wir nur noch die Busfahrkarten kaufen und etwas essen gehen, beides war dann aber wieder nicht so einfach wie erwartet.

Busfahrten waren zum Beispiel um 10:00 Uhr und dann erst wieder um 13:30 Uhr möglich also recht früh oder recht spät (wir nahmen „recht früh“). Und auch das Essengehen wurde zu einer kleinen Katastrophe. Obwohl ich ein früh gesehenes Restaurant sofort wieder fand, stellten sich alsbald Probleme mit Verena ein, die mich zwischenzeitlich auch die Beherrschung verlieren ließen (‚fried vegetable’ war bloß Gemüsepampe mit Eistich und auch der Fisch war nur kurz gebraten und kam mit Eihülle daher). Die baskische Küche wird zwar nicht unser ‚Favorite’, aber hier kamen mal wieder weitere Umstände hinzu ... so dass wir in angespannter Grundstimmung nächtigten (im kleinen Doppelbett mit – ohje - nur einer Decke usw. usf. ...).

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